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RAPTOR: Verbesserung von Retrieval-Augmented Sprachmodellen mit baumorganisiertem Wissen

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Große Sprachmodelle (LLMs) haben bemerkenswerte Fähigkeiten in einer Vielzahl von Aufgaben der natürlichen Sprachverarbeitung gezeigt. Ihre immense Größe ermöglicht es ihnen, riesige Mengen an Weltwissen in ihren Parametern zu kodieren und als leistungsstarke eigenständige Wissensspeicher zu dienen. Dieses parametrische Wissen hat jedoch inhärente Einschränkungen. LLMs können mit hochgradig domänenspezifischen Informationen Schwierigkeiten haben, ihr Wissen ist statisch und veraltet in einer sich verändernden Welt schnell, und die Quelle ihres internen Wissens ist oft undurchsichtig, was die Überprüfung von Fakten und die Nachverfolgung der Herkunft erschwert.

Der Aufstieg der Retrieval-Augmentierung

Um diese Einschränkungen zu überwinden, haben sich Retrieval-Augmented Sprachmodelle (RALMs) als eine prominente Lösung herauskristallisiert. Dieser Ansatz kombiniert die generative Kraft von LLMs mit externen, aktuellen Wissensdatenbanken. Anstatt sich ausschließlich auf interne Parameter zu verlassen, fragen RALMs ein externes Retrieval-System ab, um relevante Dokumente oder Textausschnitte zu einem gegebenen Suchbegriff oder Kontext abzurufen. Diese abgerufenen Informationen werden dem LLM dann als zusätzlicher Kontext zur Verfügung gestellt, wodurch es genauere, aktuellere und fundiertere Antworten generieren kann. Diese Methode bietet erhebliche Vorteile: Sie ermöglicht es Modellen, sich ohne kostspieliges Neutraining an neue Informationen anzupassen, bietet Zugriff auf Long-Tail-Wissen und sorgt für größere Transparenz, indem Benutzer generierte Informationen bis zu ihrem Quelldokument zurückverfolgen können.

Traditionelle Retrieval-Systeme, die in RALMs verwendet werden, indizieren typischerweise große Textkorpora, indem sie diese in kleinere, zusammenhängende Blöcke (Chunks) aufteilen, oft Absätze oder Segmente fester Größe. Während der Inferenz ruft das System eine kleine Anzahl dieser Chunks ab, die basierend auf Ähnlichkeitsmetriken – üblicherweise unter Verwendung dichter Vektor-Embeddings – als am relevantesten für die Benutzeranfrage erachtet werden. Diese abgerufenen Chunks werden dann als Teil des Eingabe-Prompts an das LLM übergeben.

Die Herausforderung bei langen Dokumenten und komplexen Anfragen

Obwohl der Abruf von nur wenigen kurzen, zusammenhängenden Textblöcken für viele Aufgaben effektiv ist, stellt er eine erhebliche Einschränkung dar, insbesondere bei langen Dokumenten oder Fragen, die die Integration von Informationen aus mehreren, möglicherweise nicht benachbarten Abschnitten eines Textes erfordern. Komplexe Fragen erfordern oft ein ganzheitliches Verständnis des gesamten Dokumentkontexts, das Erfassen thematischer Elemente, Charakterentwicklungen oder miteinander verbundener Argumente, die sich über Hunderte oder Tausende von Wörtern erstrecken.

Stellen Sie sich ein Szenario vor, in dem eine Frage zu den übergeordneten Themen eines Romans beantwortet oder ein komplexes Argument verstanden werden soll, das sich über verschiedene Abschnitte eines Fachartikels erstreckt. Der Abruf von nur wenigen isolierten Absätzen, selbst wenn diese einzeln für bestimmte Schlüsselwörter relevant sind, kann dem LLM möglicherweise nicht den notwendigen Kontext liefern, um im gesamten Dokument verstreute Informationen zu synthetisieren. Diese Einschränkung behindert die Fähigkeit des Modells, großräumige Diskursstrukturen zu erfassen und mehrstufige Schlussfolgerungen durchzuführen, die auf der Integration von Wissen über lange Texte hinweg beruhen. Bestehende Methoden, die auf zusammenhängender Segmentierung basieren, erfassen möglicherweise nicht die vollständige semantische Tiefe oder die Beziehungen zwischen entfernten Teilen eines Dokuments. Das Lesen isolierter Ausschnitte aus technischen oder wissenschaftlichen Dokumenten kann sogar zu einem Verlust wichtiger Kontextinformationen führen, was die Informationen potenziell schwer interpretierbar oder sogar irreführend macht.

Vorstellung von RAPTOR: Rekursive abstraktive Verarbeitung für baumorganisierten Abruf

Um die Einschränkungen des traditionellen Abrufs auf Basis zusammenhängender Blöcke zu überwinden, führt das RAPTOR-Modell einen neuartigen Ansatz ein, der Dokumentwissen hierarchisch mithilfe eines Baumes strukturiert. Diese Methode, Recursive Abstractive Processing For Tree-Organized Retrieval (rekursive abstraktive Verarbeitung für baumorganisierten Abruf), zielt darauf ab, sowohl granulare Details als auch übergeordnete thematische Informationen zu erfassen, was einen effektiveren Abruf und ein besseres Verständnis langer Texte ermöglicht.

Die Kernidee hinter RAPTOR besteht darin, eine mehrstufige Repräsentation eines Dokuments zu erstellen, die von feingranularen Details an der Basis zu umfassenden Zusammenfassungen an der Spitze reicht. Dies wird durch einen rekursiven Prozess erreicht, der Embedding, Clustering und Zusammenfassung umfasst.

Wie RAPTOR den Wissensbaum konstruiert

Die Konstruktion des RAPTOR-Baums ist ein Bottom-up-Prozess:

  1. Anfängliches Chunking: Der Prozess beginnt mit der Segmentierung des ursprünglichen langen Dokuments in kleine, handhabbare Textblöcke (Chunks). Diese Chunks bilden die Blattknoten auf der untersten Ebene des Baumes.
  2. Embedding: Jeder dieser anfänglichen Text-Chunks wird mithilfe eines ausgewählten Text-Embedding-Modells in einen dichten Vektorraum eingebettet. Diese Embeddings erfassen die semantische Bedeutung jedes Chunks.
  3. Clustering: Die Embeddings benachbarter Knoten (anfänglich die Text-Chunks) werden basierend auf ihrer semantischen Ähnlichkeit zusammengeclustert. Diese Gruppierung identifiziert Chunks, die konzeptuell verwandt sind, auch wenn sie im Originaltext nicht streng zusammenhängend sind (obwohl das anfängliche Clustering die Nachbarschaft bevorzugen könnte).
  4. Zusammenfassung: Für jeden identifizierten Cluster von Knoten wird eine abstraktive Zusammenfassung generiert. Dieser Zusammenfassungsschritt wird typischerweise von einem separaten Sprachmodell durchgeführt, das den Textinhalt aller Knoten innerhalb eines Clusters liest und eine prägnante, übergeordnete Zusammenfassung erstellt, die die Hauptpunkte oder Themen dieser Gruppe erfasst.
  5. Erstellung von Elternknoten: Jede generierte Zusammenfassung wird zum Inhalt eines neuen Knotens in der darüberliegenden Schicht. Diese neuen Knoten repräsentieren eine höhere Abstraktionsebene als die Knoten, die sie zusammenfassen. Sie speichern auch Verweise auf ihre Kindknoten (die Chunks/Zusammenfassungen aus der darunterliegenden Schicht, die geclustert und zusammengefasst wurden).
  6. Rekursion: Die Schritte 2-5 werden rekursiv wiederholt. Die neu erstellten Zusammenfassungsknoten in der oberen Schicht werden als Eingabe für die nächste Iteration behandelt. Ihr Textinhalt (die Zusammenfassungen) wird eingebettet, diese Embeddings werden geclustert, und die resultierenden Cluster werden zusammengefasst, um Knoten für die darüberliegende Schicht zu erstellen. Dieser Prozess wird fortgesetzt, bis ein einzelner Wurzelknoten erstellt wird, der eine Zusammenfassung des gesamten Dokuments auf seiner höchsten Abstraktionsebene darstellt.

Dieser rekursive Prozess führt zu einer Baumstruktur, bei der die Blattknoten die ursprünglichen Text-Chunks enthalten und Knoten auf zunehmend höheren Ebenen Zusammenfassungen enthalten, die Informationen aus ihren Kindknoten abstrahieren. Knoten auf mittleren Ebenen liefern Zusammenfassungen von Abschnitten oder Ideenclustern, während der Wurzelknoten einen Überblick über das gesamte Dokument bietet. Entscheidend ist, dass diese Struktur hierarchische Beziehungen explizit erfasst und es ermöglicht, Informationen auf verschiedenen Detailebenen zu organisieren und abzurufen.

Verbesserter Abruf während der Inferenz

Die wahre Stärke der RAPTOR-Baumstruktur zeigt sich während der Abrufphase, wenn ein Benutzer eine Anfrage stellt. Im Gegensatz zu traditionellen Methoden, die nur einzelne Text-Chunks abrufen, kann RAPTOR die mehrstufige Hierarchie nutzen.

Wenn eine Anfrage eingeht, kann das System den Baum abfragen, um relevante Knoten zu finden. Der Abruf kann auf jeder Ebene des Baumes oder sogar über mehrere Ebenen hinweg erfolgen. Beispielsweise könnte eine Anfrage für spezifische Details in den Blattknoten, ein breiteres Thema, das in einem Zwischenknoten zusammengefasst ist, oder das vom Wurzelknoten erfasste Gesamtthema relevant sein.

Der Abrufmechanismus wählt Knoten aus, deren Inhalt (Originaltext oder Zusammenfassungen) für die Anfrage am relevantesten ist. Durch den potenziellen Abruf von Knoten aus verschiedenen Ebenen erhält das LLM einen reichhaltigeren, umfassenderen Kontext, der sowohl spezifische Fakten als auch die übergeordneten Ideen oder Abschnitte enthält, zu denen sie gehören. Dies ermöglicht es dem LLM, Informationen effektiver zu synthetisieren, den breiteren Kontext zu verstehen und Schlussfolgerungen durchzuführen, die die Verknüpfung von Konzepten über verschiedene Teile des Originaldokuments hinweg erfordern. Beispielsweise kann das LLM sowohl ein granulares Detail über eine Figur aus einem Blattknoten als auch eine Zusammenfassung des Handlungsbogens der Figur aus einem Zwischenknoten erhalten, was ein viel tieferes Verständnis ermöglicht als das Detail allein.

Wichtige Beiträge und experimentelle Belege

Das RAPTOR-Paper hebt mehrere wichtige Beiträge hervor:

  1. Neuartige hierarchische Indizierung: Die Einführung eines rekursiven Prozesses unter Verwendung von Embedding, Clustering und Zusammenfassung zum Aufbau einer hierarchischen Baumrepräsentation langer Dokumente für Abrufzwecke.
  2. Bereitstellung von mehrstufigem Kontext: Nachweis, dass der Abruf von verschiedenen Ebenen dieser Baumstruktur LLMs einen überlegenen Kontext im Vergleich zum Abruf nur zusammenhängender Blöcke bietet.
  3. Experimentelle Validierung: Durchführung kontrollierter Experimente mit verschiedenen Sprachmodellen (UnifiedQA, GPT-3 und GPT-4), die signifikante Verbesserungen der Retrieval-Augmented-Leistung bei Verwendung von RAPTOR für Sammlungen langer Dokumente zeigen.
  4. Spitzenresultate (State-of-the-Art): Erzielung neuer Spitzenresultate bei mehreren anspruchsvollen Frage-Antwort-Aufgaben, die speziell die Verarbeitung langer Texte und komplexes Schlussfolgern erfordern. Beispiele hierfür sind:
    • NarrativeQA: Freitext-Antwortfragen zu Büchern und Filmen.
    • QASPER: Fragen basierend auf Volltext-NLP-Forschungsarbeiten.
    • QuALITY: Multiple-Choice-Fragen basierend auf mittellangen Passagen, die oft Schlussfolgerungen und Synthese über den Text hinweg erfordern.

Insbesondere die Kopplung des RAPTOR-Abrufs mit GPT-4 zeigte eine signifikante Verbesserung, wie z. B. eine Steigerung der besten gemeldeten Leistung auf dem QuALITY-Benchmark um 20 % in absoluter Genauigkeit. Dieses Ergebnis unterstreicht die Effektivität der Bereitstellung von Kontext für LLMs, der die Struktur und Vernetzung von Informationen in langen Dokumenten besser widerspiegelt. Selbst mit weniger leistungsstarken Modellen wie UnifiedQA zeigte RAPTOR Leistungssteigerungen, was auf die allgemeine Anwendbarkeit der Methode hindeutet.

Vergleich mit bestehenden Techniken

Das Paper positioniert RAPTOR in der Landschaft der Retrieval-Augmented-Modelle und Zusammenfassungstechniken. Obwohl Fortschritte in der Hardware die maximale Kontextlänge, die LLMs verarbeiten können, erhöht haben, haben Modelle oft Schwierigkeiten, sehr lange Kontexte effektiv zu nutzen, und ihre Verarbeitung bleibt rechenintensiv und langsam. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer intelligenten Informationsauswahl durch Retrieval.

Bestehende Retrieval-Methoden stützen sich überwiegend auf zusammenhängendes Chunking. Es gibt einige verwandte Arbeiten zur rekursiven Zusammenfassung oder hierarchischen Repräsentation, wie z. B. Ansätze, die benachbarte Text-Chunks zusammenfassen (wie LlamaIndex). Diese Methoden verlassen sich jedoch oft stark auf textuelle Nachbarschaft für die Gruppierung und übersehen möglicherweise Beziehungen zwischen entfernten, aber semantisch verbundenen Teilen eines Dokuments. Durch die Verwendung von Embedding und Clustering vor der Zusammenfassung kann RAPTOR semantisch ähnliche Inhalte unabhängig von ihrer ursprünglichen Position im Text gruppieren und potenziell Interdependenzen erfassen, die auf Nachbarschaft basierende Methoden übersehen würden. Der rekursive Zusammenfassungsansatz ermöglicht es RAPTOR, Informationen über Schichten hinweg verlustfrei zu komprimieren, während die Fähigkeit, von jedem Knoten abzurufen, den Zugriff auf granulare Details bei Bedarf bewahrt und potenziellen Informationsverlust mindert, der bei Methoden auftreten kann, die sich ausschließlich auf Zusammenfassungen der obersten Ebene stützen.

Die hierarchische, baumbasierte Struktur, die durch rekursives Clustering und Zusammenfassung aufgebaut wird, ist das Hauptunterscheidungsmerkmal von RAPTOR und ermöglicht eine ausgefeiltere Repräsentations- und Abrufstrategie für lange und komplexe Texte.

Fazit

RAPTOR stellt einen bedeutenden Fortschritt bei Retrieval-Augmented Sprachmodellen dar, indem es die Herausforderung der effektiven Nutzung langer Dokumentkontexte angeht. Seine neuartige Methode zum Aufbau einer rekursiven, baumorganisierten Wissensrepräsentation durch Embedding, Clustering und Zusammenfassung ermöglicht es LLMs, auf Informationen auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen zuzugreifen, von feingranularen Details bis hin zu übergeordneten Zusammenfassungen.

Die experimentellen Ergebnisse zeigen, dass dieser hierarchische Ansatz erhebliche Leistungsverbesserungen bei Aufgaben liefert, die ein tiefes Verständnis und die Integration von Informationen aus langen Texten erfordern, und Spitzenresultate auf prominenten Benchmarks erzielt. Indem RAPTOR LLMs eine strukturiertere und kontextreichere Repräsentation von Quelldokumenten zur Verfügung stellt, verbessert es ihre Fähigkeit, komplexe Schlussfolgerungen durchzuführen und genauere und umfassendere Antworten zu generieren. Diese Forschung unterstreicht das Potenzial fortschrittlicher Indexierungs- und Abrufstrategien, um die vollen Fähigkeiten großer Sprachmodelle bei der Interaktion mit großen und komplexen Textmengen freizusetzen.

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